Wie kann man Betroffene auf eine eventuell vorliegende Essstörung ansprechen?
Menschen mit Essstörungen erleben ihr eigenes Verhalten und ihre Gefühle oft sehr ambivalent: Einerseits ist da ein starker innerer Druck oder Zwang, andererseits auch viel Scham oder Angst, "entdeckt" zu werden. Entsprechend sensibel und behutsam sollte man sein, wenn man Anzeichen bemerkt und das Gespräch sucht. Ziel ist nicht, jemanden zu "überführen", sondern zu signalisieren: "Du bist nicht allein, ich sehe dich, und ich mache mir Sorgen um dich."
Wenig hilfreich sind in der Regel Aussagen wie:
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"Du übertreibst."
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"Du siehst doch gut aus."
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"Iss doch einfach mal mehr."
Solche Sätze können Betroffene unter Druck setzen oder das Gefühl verstärken, nicht verstanden zu werden. Häufig werden die vorhandenen Schwierigkeiten dadurch bagatellisiert oder ins Lächerliche gezogen.
Auch gut gemeinte, aber unbedachte Formulierungen können verletzend wirken, zum Beispiel:
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"Du siehst echt dünn aus – alles okay?"
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"Ich hab dich schon ewig nicht richtig essen sehen – bist du magersüchtig?"
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"Kann es sein, dass du Aufmerksamkeit suchst?"
Diese Äußerungen können Schamgefühle verstärken, Schuld auslösen oder zu Abwehr führen.
Unterstützend wirken dagegen meist eher Botschaften, die Verständnis und Zugewandtheit ausdrücken:
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"Ich mache mir Sorgen – wie geht’s dir wirklich?"
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"Ich bin da, wenn du reden möchtest."
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"Möchtest du, dass wir gemeinsam nach Unterstützung suchen?"
Hier wird keine Diagnose gestellt, sondern ein offenes Ohr und emotionale Nähe angeboten. Das gibt der betroffenen Person die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob und wie viel sie erzählen möchte.
Zuhören und Empathie statt vorschneller Lösungen
Oft hilft es mehr, einfach präsent zu sein und zuzuhören, anstatt Ratschläge oder schnelle Lösungen anzubieten. Hilfreiche Gesprächseinstiege können sein:
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"Ich habe das Gefühl, du kämpfst gerade mit etwas. Willst du darüber reden?"
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"Mir ist aufgefallen, dass du häufig Mahlzeiten auslässt – geht es dir gut?"
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"Du bist mir wichtig. Wenn du Unterstützung brauchst, bin ich an deiner Seite."
Solche Formulierungen schaffen Raum für Vertrauen und zeigen, dass man die Person nicht bewertet, sondern ernst nimmt und respektiert.
Wichtig ist: Niemand erwartet von Angehörigen oder Freund*innen, dass sie sofort eine Lösung parat haben. Schon das Gefühl, gesehen und nicht allein zu sein, kann für Betroffene ein erster, sehr wertvoller Schritt sein.
Mehr Informationen für Betroffene und Angehörige sind hier zu finden. Außerdem gibt es hier noch Hinweise für Situationen, in denen Trainer*innen oder Teammitglieder sich Sorgen machen, dass eine Sportlerin oder ein Sportler an einer Essstörung leidet.